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Auswertung der Berichte über die im Jahr 2006 in Nordrhein-Westfalen behördlich erfassten Hunde

Seit dem 1. Januar 2003 ist das Hundegesetz für das Land NRW (LHundG NRW) in Kraft. Das Gesetz legt für die Haltung gefährlicher, näher bestimmter und großer Hunde besondere Pflichten und für den Umgang mit diesen Hunden Verhaltungsanforderungen fest. Das LHund NRW soll zu einem Rückgang der Beißvorfälle in NRW führen und die Hundehalterinnen und Hundehalter zu einem sachkundigen und verantwortungsvolleren Umgang mit ihren Hunden motivieren.

Da sich die Erkenntnisse über die Gefährlichkeit von Hunden und bestimmten Hunderassen verändern, hat der Gesetzgeber angeordnet, die Auswirkungen des Landeshundegesetzes NRW nach einem Erfahrungszeitraum von fünf Jahren zu überprüfen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seiner „Kampfhunde-Entscheidung“ vom 16. März 2004 den an Rassekataloge anknüpfenden Bundesgesetzgeber verpflichtet, die weitere Entwicklung und insbesondere das Beißverhalten von Hunden zu beobachten, zu überprüfen und zu bewerten. Um eine entsprechende Überprüfung und Bewertung des LHundG NRW vorzubereiten, wurden die für den Vollzug zuständigen Kommunen gebeten, kalenderjährlich bestimmte Informationen im Zusammenhang mit dem Vollzug des LHundG NRW zu erfassen und zu berichten. Die Berichte wurden von den Bezirksregierungen zusammengefasst und dem MUNLV übermittelt.

Das Datenmaterial erstreckt sich auf die behördlich erfassten, im LHundG NRW geregelten Hunde, differenziert nach deren Gefährdungspotential. Erfasst wurden amtlich gemeldete Beißvorfälle, positive und negative Entscheidungen über die Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht sowie straf- und bußgeldrechtliche Verstöße. Danach ergibt sich für NRW im Jahr 2006 folgendes Bild:

I. Gefährliche Hunde nach § 3 Abs. 2 LHundG NRW (Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier und Kreuzungen aus diesen Rassen) Im Jahr 2006 waren insgesamt 12.431 dieser gefährlichen Hunde in NRW registriert. Hunde der Rasse American Staffordshire-Terrier bilden mit einer Zahl von 6.003 die größte Gruppe, gefolgt von Kreuzungen aus den genannten Rassen mit 3.658 Tieren. In dieser Gruppe wurden Beißvorfälle mit Verletzungen von Menschen 62 mal, mit Verletzungen von Tieren 95 mal und sonstige Vorfälle mit diesen Hunden 93 mal registriert. Bezogen auf die für 2006 gemeldete Population sind somit 2,01 v. H. auffällig geworden. Befreiungen von der Anlein- und Maulkorbpflicht wurden 3.311 mal erteilt und 776 mal negativ beschieden. In 5 Fällen wurden gegen die Halter dieser Hunde Strafverfahren und in 708 Fällen Bußgeldverfahren eingeleitet.

II. Tatsächlich gefährliche Hunde nach § 3 Abs. 3 LHundG NRW Insgesamt 410 Hunde sind in Nordrhein-Westfalen nach entsprechenden Vorfällen im Jahr 2006 unabhängig von ihrer Rassezugehörigkeit oder Größe als tatsächlich gefährlich eingestuft. (Anmerkung: Die im Jahr 2005 mit 1245 angegebene Zahl musste aufgrund einer Fehlermeldung um 750 korrigiert werden.)

III. Hunde bestimmter Rassen nach § 10 Abs. 1 LHundG NRW (Alano, American Bulldog, Bullmastiff, Mastiff, Mastino Espanol, Mastino Napoletano, Fila Brasileiro, Dogo Argentino, Rottweiler, Tosa Inu und Kreuzungen aus diesen Rassen). Die Zahl der registrierten Hunde dieser Gruppe beläuft sich auf 12.389 Tiere. Behördlich registriert wurden 49 Beißvorfälle mit Verletzungen von Menschen, 65 Beißvorfälle mit Verletzungen von Tieren und sonstige Vorfälle mit diesen Hunden 78 mal. Bezogen auf die für 2006 gemeldete Population sind somit 1,55 v. H. auffällig geworden. 3.262 positiven Entscheidungen über die Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht stehen hier 459 negative Entscheidungen gegenüber. In dieser Gruppe wurden 5 Strafverfahren gegen Halter von Rottweilern eingeleitet. Von den insgesamt 624 Bußgeldverfahren betrafen 361 (57,85 %) Verfahren Halter von Rottweilern.

IV. Große Hunde nach § 11 Abs. 1 LHundG NRW In NRW sind 361.226 große Hunde behördlich registriert. Neben den 63.455 Mischlingen (ohne Schäferhund-Mix) und den 168.000 sonstigen (großen) Hunden stellen der Schäferhund einschließlich Schäferhund-Mix mit 68.314 registrierten Tieren, der Golden Retriever mit 27.985 Tieren, der Münsterländer mit 10.653 Tieren und der Berner Sennenhund mit 12.708 Tieren die größte Zahl der Population großer Hunde. Hunde der Rasse Dobermann sind mit 6.047 Tieren registriert. In der Gruppe der großen Hunde haben 696 Beißvorfälle mit Verletzungen von Menschen, 1237 mit Verletzungen von Tieren und 1183 sonstige Vorfälle stattgefunden. Bezogen auf die für 2006 gemeldete Population dieser Rassen insgesamt sind somit 0,86 v. H. auffällig geworden. Den größten Anteil an den Beißvorfällen bei Mensch und Tier haben bezogen auf die gemeldete Population die Rassen Dobermann mit 0,98 v. H. und Schäferhund mit 1,21 v. H. Von den „Großen Hunden“ wurden aufgrund entsprechender Vorkommnisse 253 als gefährlich nach § 3 Abs. 3 LHundG NRW eingestuft. Gegen die Halter großer Hunde wurden 6 Strafverfahren und 5693 Bußgeldverfahren eingeleitet.

V. Den berichteten Zahlen lässt sich Folgendes entnehmen

Einen Beißvorfall mit tödlichem Ausgang für einen Menschen gab es in NRW seit In-Kraft-Treten des LHundG NRW auch im Jahr 2006 nicht. Das offensichtlich immer bewusster mit dem Gefahrenpotenzial „Hund“ umgehende Verständnis der Bevölkerung hat zu einem erheblichen Anstieg der Vewaltungsverfahren in den Kommunen geführt, wie die Statistik zu den Ordnungswidrigkeiten zeigt. Es werden entweder verstärkt Ordnungswidrigkeiten von Dritten angezeigt oder die Kommunen werden von sich aus tätig Eine Aussage über den tatsächlichen Rückgang der gefährlichen Rassen ist nicht möglich, weil die Bezirksregierungen immer wieder von Kommunen berichten, die in den Vorjahren falsche Zahlen - wie z. B. nur Zugänge und keine Bestände - gemeldet haben. So sind in 2006 wieder über 1000 Zugänge aus bisher nicht gemeldeten Beständen im Bereich der Bezirksregierung Düsseldorf hinzugekommen. Hohe Zugänge sind auch bei den Hunderassen nach § 10 Abs. 1 (+ 853) und § 11 Abs. 1 LHundG NRW (+ 118.750 gegenüber 2005) zu verzeichnen. Die verstärkte Zunahme bei den einzelnen Rassen und großen Mischlingen sowie die gestiegener Anzahl von Ordnungswidrigkeiten lässt allerdings vermuten, dass viele Halter ihren Meldepflichten bisher nicht ordnungsgemäß nachgekommen sind und die Kommunen jetzt durchgegriffen haben.

Hier das gesamte PDF Hundebericht NRW 2006, 27.03.2007.pdf zum Download.

Ein weiteres Besipiel dafür, dass man mit Recht nicht von gefährlichen Hunderassen, sondern, nur von gefährlichen Hunden ALLER RASSEN sprechen kann.