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12.10.2007: Deutschland - Sachsen-Anhalt bekommt als letztes Land ein Kampfhundegesetz

Magdeburg. Sachsen-Anhalt bekommt als letztes Bundesland ein Kampfhundegesetz. Nach einem Jahr Stillstand und zähem Ringen hinter den Kulissen einigten sich die Koalitionspartner CDU und SPD am Mittwoch auf Eckpunkte eines solchen Gesetzes. Demnach soll es für Hunde von vier Rassen, die als besonders gefährlich gelten, obligatorische Wesenstests geben. Erweist sich dabei ein Tier als problematisch, muss sein Besitzer unter anderem seine Sachkunde nachweisen, für den Hund gilt dann Maulkorb- und Leinenzwang. Zudem muss künftig jeder Hundehalter eine Haftpflichtversicherung für seinen Vierbeiner abschließen, geplant ist auch die Kennzeichnung aller Hunde mit elektronisch lesbaren Chips.
Am Ende brauchten die Fraktionschefs Katrin Budde (SPD) und Jürgen Scharf (CDU) eine Stunde, um bei einem Gespräch im Magdeburger Landtag den Durchbruch zu erzielen. „Das ist ein guter Kompromiss“ sagten sie anschließend sichtlich erleichtert. In der Tat kann die 2006 geschmiedete schwarz-rote Koalition nun erst einmal durchatmen, drohte doch die aus Sicht vieler quälend lange Debatte um ein Kampfhundegesetz die bis 2011 angelegte Partnerschaft vorzeitig ins Wanken zu bringen, ähnlich wie zuletzt der Streit um die Gemeindereform. „Nun ist die Kuh vom Eis“, freute sich ein Regierungsmitglied.
Vor allem in das Thema Rasseliste hatten sich die Fachpolitiker verbissen: Die der Sozialdemokraten forderten sie vehement, die der CDU lehnte sie kategorisch ab, weil keine Hunderasse per se als böse einzustufen sei. Einige Abgeordnete drohten sich zu verrennen, gossen immer wieder Öl ins Feuer. Zuletzt verstanden selbst viele Koalitionäre nicht mehr, warum es in Sachsen-Anhalt als letztem Bundesland nicht möglich sein sollte, ein Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden zu erarbeiten. Und: Immerhin 13 der 15 Länder mit Hundegesetz verfügen über eine Rasseliste.
Die Kompromissformel, die CDU und SPD angesichts wachsenden Drucks nun fanden, ermöglicht beiden Seiten Gesichtswahrung, als Sieger darf sich keiner wirklich fühlen. Zwar gibt es keine formale Rasseliste für Sachsen-Anhalt. Allerdings soll im Gesetz darauf verwiesen werden, dass die Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire- Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier vom Bund als gefährlich eingestuft und mit einem Export- und Importverbot belegt sind. Aus Sicht der SPD ist das am Ende doch eine Art Rasseliste, aus Unionssicht keinesfalls.

Auch das Innenministerium, das vor fast genau einem Jahr einen Entwurf für ein Kampfhundegesetz in den Landtag einbrachte und eine Rasseliste mit elf Hundearten vorschlug, kann mit dem Kompromiss leben. „Der Gesetzentwurf ist ein wichtiger Schritt in Richtung bessere Gefahrenabwehr“, sagte Innenstaatssekretär Rüdiger Erben (SPD) der dpa. Entscheidend sei nun aber die Umsetzung. Tatsächlich lauern hier noch einige Stolpersteine, Details dazu sollen nicht im Gesetz, sondern in Verordnungen geregelt werden.

Wer übernimmt die Wesenstests? Wo kann der Sachkundenachweis erworben werden? Welches technische System wird für die Chip- Kennzeichnung verwendet? Wer kontrolliert, ob die Regelungen eingehalten werden? Was kostet das ganze? Noch sind viele Fragen offen. Eine Frage indes ist bereits beantwortet: Hundertprozentigen Schutz vor Beißattacken - sei es nun von Pitbull oder Dackel - kann auch ein Gesetz nicht bieten.

Quelle: http://www.lvz-online.de/aktuell/content/42897.html