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25.05.2008 Deutschland: Das Wesen ist entscheidend

Hohe Steuer auf Kampfhunde ist juristisch in Frage gestellt
 
In Laichingen ist die Strafsteuer auf Kampfhunde juristisch gekippt. Das Urteil könnte auch Auswirkungen auf andere Gemeinden der Region haben. Hintergrund sind neuere wissenschaftliche Erkenntnisse.
 
ROLAND MÜLLER
Region Ist es rechtens, wenn eine Kommune von Besitzern bestimmter Hunderassen eine drastisch erhöhte Steuer verlangt - obwohl die Tiere friedlich sind, den vorgeschriebenen Wesenstest anstandslos bestanden haben? Bisher lautete die juristische Antwort auf diese Frage "ja". Seit einem Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen ist Bewegung in die Sache gekommen - möglicherweise müssen nun viele Städte und Gemeinden in der Region ihre Hundesteuer-Satzungen überdenken.
 
Erkämpft hat den Sieg die Laichingerin Monika Müller, die gegen den erhöhten Steuersatz geklagt hatte, den die Stadt Laichingen von ihr verlangt hatte. 600 Euro pro Jahr kassiert die Stadt für die American Staffordshire Terrier-Hündin "Xena", während für Tiere, die nicht auf der "Kampfhund-Liste" stehen, nur 81 Euro fällig werden. Und das, obwohl "Xena" bei den vorgeschriebenen Wesenstests problemlos durchgekommen ist.
 
Der erhöhte Steuersatz für so genannte Kampfhunde wird den Kommunen von der Baden-Württembergischen Kampfhundeverordnung erlaubt. Hintergrund ist die Annahme, dass bestimmte Hunderassen per se gefährlich sind. Diese Annahme wird nun in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen, das der SÜDWEST PRESSE vorliegt, in Frage gestellt. Das Gericht unter Vorsitz von Richter Wolfgang Armbruster hat die erhöhte Besteuerung der Stadt Laichingen für "rechtswidrig und nichtig" erklärt.
Zwar dürfe eine Kommune mit der Hundesteuer eine "Lenkungsfunktion" verbinden und habe dabei einen großen Gestaltungsspielraum, heißt es im Urteil. Aber sie habe auch die Pflicht, zu überprüfen, ob die den Regelungen zugrunde liegenden Prämissen, noch zutreffen. Sprich: Wenn die Behauptung, bestimmte Hunderassen seien gefährlicher als andere, wissenschaftlich nicht mehr haltbar sei, dürfe eine Kommune das nicht einfach so als Grund ihrer Satzung aufrecht erhalten. Die Stadt Laichingen habe diese Annahme aber bei Verabschiedung der Satzung im Jahr 2006 quasi als "Blanko-Begründung" hergenommen.
 
Die gesetzlichen Einschränkungen für Haltung und Zucht so genannter Kampfhunderassen wie Pitbull Terrier und Staffordshire Terrier wurden bundesweit nach dem Jahr 2000 aus dem Boden gestampft, nachdem in Hamburg ein Kind angefallen und getötet worden war. Danach wurde das Thema Kampfhunde heiß diskutiert.
 
Verhaltensforscher und Kynologen (Hundeforscher) hatten aber schon immer der gängigen Laien-Meinung widersprochen, dass bestimmte Rassen per se als gefährlich einzustufen seien. Eine groß angelegte Wesenstest-Studie der Hochschule Hannover aus dem Jahr 2004 bestätigte diese Meinung. In ihr wurden für landläufig als lieb und nett eingeschätzte Rassen wie etwa Golden Retriever die gleiche "Beißfrequenz" festgestellt wie für die angeblich gefährlichen Rassen. Die Aggressivität eines Hundes lasse sich nur im Einzelfall feststellen, die Rasse spiele keine Rolle.
 
Darauf zielen nun auch die Sigmaringer Richter ab. Die Stadt Laichingen zumindest hätte, so die Richter, die Studie aus Hannover nicht einfach ignorieren dürfen. Das sei letztlich eine "formale Frage", sagt Armbruster.
 
Die Stadt Laichingen hat noch nicht entschieden, ob sie vor den Verwaltungsgerichtshof Mannheim ziehen wird. Derzeit werden die juristischen Chancen bei einer Revision vom Gemeindetag überprüft, heißt es aus dem Rathaus. Denn das Urteil könnte sich durchaus auch für andere Gemeinde auswirken. Irgendeine Kommune müsse den Vorreiter spielen und die Frage grundsätzlich klären, so die Verwaltung

QUELLE: http://www.suedwest-aktiv.de/region/ehingertagblatt/